Die Idee der Gartenstadt:

Das Prinzip der Gartenstadt wurde Ende des 19. Jahrhunderts von dem Engländer Ebenezer Howard begründet. Im Zuge der Industrialisierung waren die Lebensbedingungen, durch enge und unhygienische Mietwohnungen in Nähe der Fabriken, in den Städten sehr schlecht. Es entstand der Wunsch das Städtewachstum besser zu kontrollieren und den Bedürfnissen der Bevölkerung nach mehr Raum und Grünfläche nachzugehen.

Um diese Probleme zu lösen sah Howard vollkommen eigenständige Städte mit viel Grünfläche vor, welche am Rand von größeren Städten angesiedelt waren. Hierbei waren die einzelnen sogenannten „Garden cities“ um eine große Kernstadt angeordnet und sind mit Eisenbahnen vernetzt. Dadurch sollten die Vorteile von Stadt und Land verbunden sowie die Landflucht und somit das Überfüllen der Städte verringert werden.

Ein weiterer Punkt war, dass die soziale Segregation (vorallem Spaltung in Armen- und Reichenviertel) vermieden werden sollte. Um ein unkontrolliertes Wachstum der Gartenstädte zu vermeiden, dachte Howard an eine Begrenzung hinsichtlich Fläche und Einwohnerzahl. Die angedachten Zahlen waren hierfür maximal 32.000 Menschen und 2.400 ha.

Ein weiterer besonderer Punkt war, dass der Grundbesitz einer Genossenschaft gehörte und lediglich an die Bewohner verpachtet wurde. So konnte die Bodenwertsteigerung, welche durch die Umwandlung von landwirtschaftlichgenutzten Flächen zu Wohnbauland entstand, gemeinschaftlich genutzt werden und es bestand nicht die Gefahr von immer weiter steigenden Mieten wie in den Städten.

Ringförmig um die Kernstadt angeordnete „Garden cities“

Struktur einer Gartenstadt:

In seinen Modellen zeichnete Howard die Gartenstädte immer in genauen konzentrischen Kreisen. Diese waren jedoch keineswegs Baupläne sondern lediglich Modelle. Die erste gebaute Gartenstadt in England (Letchworth) beispielsweise war sehr unregelmäßig. Es ging lediglich darum eine klare funktionale Gliederung herzustellen. Die einzelnen Bereiche sind durch Grüngürtel voneinander getrennt. Das Zentrum bildet eine begrünte Fläche, daran schließt sich ein Ring mit den öffentlichen Gebäuden an, nach einem weiteren Park beginnen die Wohnhäuser ebenfalls mit einer begrünten Trennung zwischendrin. Hier liegen ebenfalls Spielplätze, Schulen und beispielsweise die Kirche. Außerhalb der nächsten Wohnhäuser beginnt das Gewerbegebiet. Die Flächen zwischen den einzelnen Gartenstädten und der Kernstadt werden für die Landwirtschaft genutzt.

Eine schematische Darstellung zu Übersicht finden Sie hier: https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/gartenstadt/2802

Umsetzung:

Das Prinzip der Gartenstadt wie Ebenezer Howard es beschrieb wurde eher selten umgesetzt. Gerade in Europa wurde die Struktur übernommen. Jedoch handelte es sich meist um an Großstädte angegliederte Vororte welche nicht eigenständig und zumeist auch nicht im Besitz von Genossenschaften waren. In einigen Fällen entwickelten sich die Gartenstädte auch zu sogenannten Villenvierteln für die obere Gesellschaftsschicht.

Das Thaerviertel in Halle

Lage und Entstehung:

Als Beispiel für eine Gartenstadt liegt im Norden von Halle in der Nähe des Wasserturms Nord das Thaerviertel (früher Gartenstadt am Mühlrain genannt). Die Siedlung wurde im Jahr 1913 von Hermann Frede nach Vorbildern der Reformarchitektur entworfen und bis 1919 fertiggestellt.

Ein Luftbild des Thaerviertels finden Sie hier: https://www.luftbildsuche.de/info/luftbilder/gelaende-forensik-psychiatrie-julius-kuehn-strasse-ortsteil-wasserturm-thaerviertel-halle-saale-sachsen-anhalt-deutschland-440528.html

Gartenstadt im Jahr 1913


Einordnung in die Stadtentwicklung und funktionale Gliederung:

Der Stadtteil entstand im Zuge der Gartenstadtbewegung. Die sogenannten Gartenstädte bieten oft Einfamilienhäuser mit je einem Stück Garten etwas außerhalb des damaligen Zentrums. Die Städte gliederten sich also in Gebiete mit verschiedenen Funktionen beispielsweise: Arbeit, Wohnen, Verwaltung etc. Das Thaerviertel wird hierbei mit 92 Ein- und Mehrfamilienhäusern als Wohnviertel genutzt.

Umgebung und Anbindung an die vorhandene Infrastruktur:

Das Viertel liegt in  sich recht abgeschlossen etwas abseits der großen Hauptverkehrsstraßen. Einkaufsläden befinden sich nicht direkt im Viertel sondern über die nächst größere Straße im Nachbarviertel. Straßenbahn und S-Bahn Haltestellen befinden sich auch in der Nähe. Das Viertel ist durch seine Struktur mit den vielen Einfamilienhäusern und einem Spielplatz gut für Familien geeignet. Jedoch befinden sich auch kleinere Wohnungen dort, dadurch entsteht in gewisser Weise eine Mischung von unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen.

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