Rezension: Narziß und Goldmund (Hermann Hesse)

Hermann Hesse, welcher zurecht zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellern aller Zeiten gezählt wird, erschafft mit seinem fast 500 Seiten langen Roman nicht nur eine zutiefst berührende Freundschaft, sondern erzählt vor allem vom Leben selbst, was es bedeutet sich selbst zu suchen – und zu finden. 

„Narziß und Goldmund“ ist einer der bekanntesten Romane von Hermann Hesse und wurde erstmals 1930 im S. Fischer Verlag veröffentlicht.  Die Handlung spielt im Mittelalter der Spätgotik und das zentrale Thema ist, wie vielleicht schon zu vermuten, die Freundschaft zwischen zwei Jungen: Narziß und Goldmund. 

Die Geschichte beginnt in einem typisch mittelalterlichen Kloster mit dem Namen „Mariebronn“. Dort treffen die beiden Protagonisten, die zu diesem Zeitpunkt noch Kinder sind, zum ersten Mal aufeinander. Narziß: klug, fromm und etwas unnahbar, und Goldmund: offen, fantasievoll und warmherzig. Zwei Charaktere also, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Dennoch entwickelt sich zwischen den beiden im Laufe der Geschichte eine Freundschaft, die durch ihre Gegensätzlichkeit nicht zu leiden scheint, sondern viel mehr gerade durch diese immer mehr an Liebe und Bedeutung gewinnt. 

Ein Großteil des Romans dreht sich allerdings um Goldmund allein, um seine Jahrelange Wanderschaft und Suche nach sich selbst. Auf diesen Wanderschaften durch das mittelalterliche Deutschland begleitet der/die Leser*in Goldmund und erfährt so über seine innersten Gefühle und Gedanken. Dieser Teil des Buches ist sehr ereignisreich, hier durchlebt man gemeinsam mit Goldmund rauschende Feste, den Anblick wunderschöner Landschaften und die Auswirkungen der Pest, die sich im Land rasend schnell ausbreitet. Letztendlich finden Narziß, der in der Zwischenzeit Abt geworden ist und das Kloster Mariebronn leitet, und Goldmund nach Jahren der Trennung durch einen glücklichen Zufall wieder zueinander und verbringen den Rest des Romans (bis zu Goldmunds Tot) zusammen an dem Ort, wo sie sich zum ersten Mal begegnet sind.

„Wenn (…) zwei Urprinzipien, zwei ewige Gegenwelten einander verkörpert begegnen, dann ist ihr Schicksal unentrinnbar. Sie müssen einander anziehen, müssen voneinander bezaubert sein (…) und so geschah es auch mit Narziß und Goldmund, dies ist es, was ihre Geschichte so bedeutsam macht“

Die beiden Hauptcharaktere Narziß und Goldmund, die Hesse in seinem Roman als symbolisches Gegensatzpaar darstellt, wachsen einem während des Lesens sofort ans Herz. Man kann quasi gar nicht anders, als mit ihrem Schmerz und ihren Freuden mitzufühlen. Und gerade weil sie so augenscheinliche Gegenwelten in sich verkörpern, dürfte es jedem/jeder Leser*in leicht fallen, sich mit zumindest einem der beiden und deren inneren Konflikten zu identifizieren. 

Durch diese emotionale Bindung zu den Protagonisten lassen sich dann auch die etwas langatmigeren Stellen und die mittlerweile natürlich Teils veraltete Sprache im Buch gut überstehen. Der Sprachstil des Buches war tatsächlich etwas, an das ich mich erst einmal gewöhnen musste. Nach den ersten 60 Seiten hätte ich das Buch sogar fast wieder weggelegt, weil es mir so ausschweifend und ehrlich gesagt langweilig vorkam. Aber sobald man sich eingelesen hat, ist das kaum noch ein Störfaktor und man wird immer mehr von Hesses bildhafter Sprache verzaubert. 

„(…) weiterlief Goldmund durch die bunten Jahreszeiten, trank  mit unersättlichen Äugende Wälder, Berge und Wolken in sich ein (…)“      

Als Schlussfazit kann ich nur sagen, das ich jedem ans Herz legen würde „Narziß und Goldmund einmal zu lesen. Hinter den zum kitschigen tendierenden Beschreibungen einer rührenden Freundschaft und dem Leben im Mittelalter verbirgt sich überraschend viel Tiefgründigkeit, Philosophie und sogar modern psychologische Elemente. Der Roman hat also um einiges mehr zu bieten, als der erste Blick vermuten lässt und ist es absolut wert, gelesen zu werden. 

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