Ich heiße Aki!

Ich habe das Thema „Kurze Erzählungen“ im Deutschkurs bearbeitet, und möchte hier meinen Abschluss dessen hochladen. Es handelt sich dabei um eine Kurzgeschichte, also einen epischen Text.

“Ich heiße Aki!” 

“Ja ja,”, antworte nur deren Onkel. Er fuhr fort in seiner Erzählung von Akis Kindertagen, ohne dey eines weiteren Blickes zu würdigen. 

Naja, so war das eben. Ein Treffen mit der Familie bedeutete misgendern und deadnaming. Da war wohl nichts dran zu machen. Doch Aki wollte das nicht glauben. Vielleicht war dey zu überzeugt von dem Guten in jedem Menschen, oder dey war ganz einfach naiv. Vielleicht ein Bisschen von beidem. Aber nur Delusion würde die Welt zu einem besseren Platz machen. 

Aus der Sicht der anderen Familienmitglieder gab es einfach zu viele Aneckungspunkte mit Aki. Dey lebte Vegan, war Nicht Binär und zu allem Überfluss auch noch “komisch”. Das das an Behinderungen lag, wollten sie natürlich nicht anerkennen. Denn ihr verzerrtes Bild von Behinderungen ergab, dass diese Menschen vollkommen nutzlos waren. Und das war Aki nicht. Dey war schließlich ein “Kluges Kind”. Spätere Struggles die in deren Leben auftraten wollten sie schließlich nicht anerkennen, es “ging früher ja auch”. 

So zog sich diese Geburtstagsfeier der Großmutter schon gefühlt seit Stunden. Überall unterhielten sich die Menschen, nur nicht mit Aki. Links und rechts hörte dey Misrepresentation und Falschinformationen, doch würde dey jetzt etwas sagen oder erklären, würde dey sich später was anhören müssen. Es war jedoch überaus schwer nichts zu sagen. 

So entschloss dey sich, es ein weiteres Mal mit dem Gesprächseinstieg zu versuchen. 

Und schon kam die nächste Chance. Deren Onkel erzählte fortan wieder von seinen Kindern, und wie sie und Aki früher doch so toll gespielt hatten, und wie schade es doch war, dass sie nicht mehr miteinander sprachen. Das deren Cousin Akis Identität geleugnet hatte und offen gegen Transpersonen hetzte, erwähnte er natürlich nicht. 

“Sie hatten früher doch so süß zusammen gebadet, und sich immer ganz prächtig verstanden”. 

Ja, bevor er Morddrohungen gegen meine Community gepostet hat, dachte dey sich.

“Und einmal, da hat sie-” Ouch. Hilfesuchend blickte dey zu deren Mom und wartete- hoffte. Doch die Korrektur kam nicht. Wie auch. Nicht einmal sie versuchte es doch, Aki korrekt zu adressieren. Akis Bruder Austin war dey einzige Person. Es nannte dey sein Geschwister, benutze deren Pronomen und war allgemein supportive. The only safe heaven within the family. Doch er war nicht hier. Dey war ausgezogen um zu studieren, und hatte es für dieses Wochenende nicht her geschafft. Aki konnte es dey auch nicht übel nehmen. Die Diskussionen war es nicht Wert. 

Aki hatte nicht wirklich zugehört, als schon wieder dieser andere Name zu hören war. 

„Ich heiße Aki.“, sprach dey mit Nachdruck.

„Für mich halt nicht. Ich schränke mich doch nicht für 0,1% ein. Es ist doch sowieso viel zu viel Sichtbarkeit für eine viel zu kleine Gruppe. Wo Mann auch hinguckt stolpert man darüber. Es ist einfach viel zu viel.“

Ja klar. Das war auch wieder einer dieser typischen Phrasen. Schön. Aki hätte wohl ein Bingo vor dem Treffen aufstellen sollen.

„Es sind mehr Menschen als rothaarige. Und da sagst du auch nicht, dass es zu viel Sichtbarkeit oder Repräsentation ist.“

„Das ist doch auch was ganz anderes. Das ist eben etwas natürliches.“

Na super. Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis er trans Menschen als unnatürlich, eigenartig oder gefährlich hinstellt. 

„Es ist ja auch ein Unding, das diese Männer jetzt einfach gegen Frauen kämpfen können.“, mischte sich seine Frau ein. Das Sport-Thema. Das wurde ja immer besser. 

„Es sind auch Frauen. Und das dürfen sie nicht wirklich, nein. Trans Frauen haben kaum Chancen im Leistungssport. Außerdem kann man Hormonlevel testen, und so sicherstellen, dass sie keine Vorteile haben.“, versuchte dey zu erklären. Doch dass das quasi hoffnungslos war, wusste dey auch.

„Aber sie haben ja trotzdem körperliche Vorteile.“

„Eben nicht! Und zusätzlich ist es ja auch noch so, dass die Trennung im Sport erst gemacht wurde, als Frauen anfingen, Männer zu besiegen. Diese ganze Einteilung ist nicht wirklich sinnvoll.“

Deren Mutter machte eine Geste, dass dey runterfahren sollte. Prima. Es gab nun also wirklich von keiner Seite Unterstützung.

„Naja, aber so ist es nunmal fairer für alle.“, meinte deren Tante. 

„Tatsächlich nicht.“, antwortete Aki. „Denn Intersex und Nicht Binäre Personen werden gar nicht mit berücksichtigt.“

„Ihr müsst doch immer Probleme aufmachen, wo keine sind.“ Das kam natürlich von deren Onkel. Von wem auch sonst. „Das sind auch so wenige, das lohnt sich doch gar nicht.

„Egal wie wenige es sind, auch sie verdienen, im Leben ihren Interessen nachgehen zu können Und faire Chancen zu haben.“

„Für mich gibt es nunmal nur Frauen und Männer.‘‘

„Aber ich sitze doch direkt vor dir,“ versuchte Aki es. „Existiere ich denn nicht?“

„Doch doch, aber du bist nunmal für mich eine Frau.“, entgegnete der Onkel und blickte an Aki auf und ab, um daraufhin zu weisen, was genau er meinte. Selbst für ihn schien es zu unangenehm, es aus zu sprechen. Natürlich meinte er deren Körper. Fantastisch. 

Dey versank in Gedanken. Einmal hatte dey deren Mutter gegenüber ausgesprochen, dass es zukünftig schwierig werden würde, Kontakt mit Leuten zu halten, die dey nicht supporten. Was Aki damit meinte war der typische Ansatz von Therapeut*innen, Klient*innen zu raten, sich von Leuten fern zu halten die einen nicht für sein wahres ich sehen oder nicht unterstützen. Doch deren Mutter fasste es als Drohung auf. Dey würde nicht mehr zu ihr kommen, wenn sie nicht nach deren Pfeife tanzt. 

So war es nun auch nicht mehr möglich, dies anzussprechen. Dey konnte sie ja nicht einmal korrigieren, denn vor anderen Leuten fühlte es sich für sie wie Vorführen an. Dummerweise hörte Aki aber nur in Gesprächen mit Dritten, wie sie über dey sprach.

Es war hoffnungslos. Dey blieb nur noch übrig, zu warten und zu hoffen, dass es möglichst schnell vorbei war. 

„Und, wie läuft es jetzt in der Schule?“, erkundigte sich die Tante.

Aki hatte in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt, die Schule zu besuchen. Die mentale Last war einfach zu groß gewesen, genauso wie der Druck, der auf dey lastete. Zudem hatte Dey keinen sozialen Anschluss gefunden. Damals hatten sie Dey geraten, einfach mal mehr zu lächeln, dann würde dey schon Freunde finden. Ja klar.

„Ich habe jetzt tatsächlich jemanden gefunden, mit dem ich befreundet bin. Dey heißt Panda, und nutzt er, sie und dey. Deshalb werde ich das jetzt mischen. Dey ist Agender. Wir verstehen uns echt mega gut.“

Die Tante lächelte freundlich, doch der Onkel schien irritiert. 

„Was ist denn das jetzt schon wieder?“

„Quasi kein Geschlecht.“

„Das ihr euch immer neue Dinge ausdenken müsst. Und dann müsst ihr alles auch noch in so Schubladen stecken. Für mich sind einfach alles Menschen.“

Außer sie sind Ausländer, sehen nicht deutsch aus, sind trans, schwul oder passen anderweitig nicht in dein Weltbild natürlich. Nur schwer konnte sich Aki die bissige Bemerkung verkneifen. 

„Wir denken uns das nicht aus. Nichtbinäre Menschen gab es schon immer. Bei den indigenen zum Beispiel heißen sie two-spirit und werden als besonders heilig verehrt, weil sie ‚zwei Seelen haben‘. In vielen viel älteren Kulturen gibt es uns schon seit langer Zeit.“

Schweigen. Doch dey wusste, das sagte in keinster Weise aus, dass er es verstanden oder eingesehen hatte. 

Die unangenehme Stille breitete sich weiter aus. Als es kaum noch zu ertragen war, stand Akis Mutter auf. 

„Lasst uns das Kaffeetrinken vorbereiten.“

Aki nickte und stand mit auf, um zu helfen. 

Als sie sich alle wieder zum Essen hinsetzen, sprach der Onkel noch einmal. 

„Ich will ja gar nichts Böses. Ich muss das so sagen, weil sonst würdest du solche Meinungen ja nie hören.“

„Glaub mir, diese Meinungen höre ich beinahe täglich.“

„Nein, tust du nicht.“

„Wie, tue ich nicht?“, deren Stimme erhob sich. „Lebst du mein Leben? Beobachtest du mich jeden Tag die ganze Zeit? Woher willst du denn wissen, was ich wie erlebe oder nicht erlebe?“

„Komm Aki, entspann dich. Du musst doch nicht gleich so aufgebracht sein.“ Das kam natürlich von deren Mutter. Doch dey entschied sich, sie vorerst zu ignorieren. 

„Seit Ewigkeiten werden Frauen und weiblich geborene Menschen benachteiligt, schlecht behandelt und herabgewertet. Woher willst du denn als weißer Mann in Deutschland wissen, wie sich das anfühlt? Woher?“

„Kommt, jetzt ist erstmal Essen.“, unterbrach die Tante. 

Aki nickte und nahm sich ein Stück des veganen Kuchens. Das war jetzt wirklich bitter nötig. In nur wegen Stückchen hatte dey deren Kuchenstück aufgegessen. Immerhin das schmeckte gut.

„Ich möchte nur noch mal sagen, selbst wenn du unsere Existenz leugnest, die von Frauen leugnest du nicht. Also verstehe ich nicht, wieso du da die Schwierigkeiten auch aberkennst.“

Ihm klar zu machen, dass seine Aussagen stark transphob waren, dass hatte dey zuvor bereits versucht. Es war hoffnungslos gewesen. Immerzu hatte deren Onkel es geleugnet und gesagt, es sei nicht transphob sondern einfach die normale Meinung.

Erneut mischte sich deren Tante ein. 

„Das es früher ungerecht war, das mag ja sein. Und das sehe ich ja auch. Aber wir sind ja alle vor dem Gesetz gleich. Wenn man das nur zur Anzeige bringt, bekommt man auch Gerechtigkeit.“

„Naja, eben nicht.“ meinte Aki. „Wenn selbst ein Großteil der Vergewaltigungen nicht durchkommen, dann tun das Sexismusvorwürfe schon gar nicht. Und vor dem Gesetz gibt es nicht binäre und Intersex Menschen nicht einmal. Die rede ist nur von Männern und Frauen. Wir sind also nicht gleich, wir sind nicht einmal anerkannt. 

„Kommt, reicht das nicht so langsam? Das hier ist Omas Geburtstag.“

Wieder Akis Mutter. Sie hatte scheinbar die gesamte Zeit zugehört, doch nicht ein einziges Mal daran gedacht, sich auf deren Seite zu stellen.

Ein wenig beugte sich der Onkel über den Tisch, in dem Versuch, friedlich zu wirken.

„Aber wir meinen das ja gar nicht böse. Wir sind doch Familie.“

Entgeistert sah Aki ihn für eine Sekunde an, dann blickte dey zurück auf deren Teller. Wie konnte er das nur sagen, nein, gar davon so überzeugt sein, nach allem was er gerade gesagt hatte?

Schreibe einen Kommentar