„Im Sommer badet man in der Saale und im Winter badet man überhaupt nicht“

Allgemeine Meinung der halleschen Bürger um 19001

Wie aus dieser Meinung leicht herauszulesen ist, stand Hygiene damals nicht gerade an erster Stelle. Gerade ärmere Menschen konnten sich kein Bad leisten, dies legte einen guten Grundstein für die damals typischen Cholera und Typhus Epidemien. Hier ein paar Zahlen, 1910 hatten nur 13% der halleschen Wohnungen ein Bad, 1913 gab es zwar 16 Badeanstalten, diese hatten aber hohe Eintrittspreise.

Links und rechts flankieren Triton2 und Nereide3 das Portal

Am 16.02.1916 entstand nach einigen finanziellen Engpässen eines der modernsten Hallenbäder der damaligen Zeit. So wurde das Wasser mit Abwärme aus dem Gaswerk geheizt, dieses Verfahren (heute Fernwärme genannt) sparte 45.000 Reichsmark Heizkosten im Jahr. Zusätzlich war das hallesche Stadtbad eines der größten in Deutschland und hatte eine Wettkampfbereite 25-Meter-Bahn, was damals sehr unüblich war. Wie man heute noch erahnen kann war das Bad in zwei „Flügel“ unterteilt, den linken Damen und den rechten Herren Flügel. Diese waren noch einmal in verschiedene Preisklassen differenziert. Es gab billigere Brausebäder und die teureren Schwimmhallen, diese werden heute noch benutzt.

Da das Bad den Mangel am Hygiene kompensieren sollte zählt es für mich zum Ausbau der Infrastruktur, dies und der Bauzeitpunkt deuten auf die Industrielle Bauzeit hin. Das große protzige Gebäude befindet sich zentral in der Stadt, zwischen Steintor und Juliot-Curie-Platz, eingegrenzt durch Wohnhäuser. Es entspricht also nicht dem Konzept der funktionellen Gliederung, da sich öffentliche Gebäude mit Wohngebäuden mischen. Das Stadtbad war ein Bad für jeden, egal welchen Geschlechts, Einkommens, Alter oder sonstiger Merkmale. Es war ein Versuch die Aufgehende Schere zwischen Arm und Reich zu mildern und wieder überschneidungspunkte zu bieten.

In seinen Anfangsstadien war das Bad eine Hygienische Anstalt mit naturheilkundlichen Aspekten, wie Kneippanlagen. Heute hat ja fast jeder ein Bad im Haus, somit ist diese Funktion nicht mehr gegeben. Als neue Mission hat sich das Stadtbad den Kampf gegen das Nichtschwimmen auf die Fahne geschrieben und versucht in allen Schichten für Schwimmkurse zu werben.

1: Rive, Richard Robert: Lebenserinnerungen eines deutschen Oberbürgermeisters. Kohlhammer, Stuttgart: 1960

2: Sohn des Poseidon

3: Tochter des Nereus

Quellen:

Altes erhalten – Zukunft gestalten; Stadtwerke Halle GmbH; 2015 unter Stadtwerke-Halle_Broschüre_100-Jahre-Stadtbad_web1.pdf

Margit, Tag des offenen Denkmals 2013 (3), 08.09.2013, CC BY-NC-SA 2.0

Margit, Tag des offenen Denkmals 2013 (4), 08.09.2013, CC BY-NC-SA 2.0

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